Die stellvertretende Parteichefin der SPD, Serpil Midyatli, hat mit Befremden auf das Grundsatzpapier von Bundesfinanzminister Christian Lindner reagiert. „Ich erkenne keine Strategie, keinen Plan bei Lindner“, sagte sie ZEIT ONLINE. „Man darf das Land nicht ständig kaputtreden.“ Grünenfraktionschefin Katharina Dröge forderte Lindner auf, sich auf sein Ministeramt zu konzentrieren.
„Die FDP verabschiedet ja jeden Monat ein Positionspapier. Kann sie machen, aber die Koalition kann sich damit nicht immer beschäftigen“, sagte Dröge dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Was wir stattdessen brauchen, ist ein Finanzminister, der seinen Job macht und die Milliardenlücke im Haushalt schließt.“
Lindner hatte die Koalitionspartner von SPD und Grünen mit einem Grundsatzpapier zur Wirtschaftspolitik konfrontiert. Darin distanziert er sich von wichtigen Teilen der bisherigen Ampelpolitik. Er fordert darin eine „Wirtschaftswende“ und eine „Revision politischer Leitentscheidungen“. So verlangt der Finanzminister die Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener, einen sofortigen „Stopp aller neuen Regulierungen“ sowie einen „Kurswechsel in der Klimapolitik“. Außerdem stellt Lindner mehrere vereinbarte Gesetzesinitiativen infrage und distanziert sich damit teils von der bisherigen Politik der Regierung, der er selbst angehört.
Lindner beklagte, dass das Papier über „eine Indiskretion“ öffentlich geworden sei. Es hätte zunächst nur im engsten Kreis der Bundesregierung beraten werden sollen, schrieb er in einer E-Mail an Parteifreunde.
„Nebelkerze“ und „ultimative Scheidungsurkunde“
Der Grünenfraktionsvize Andreas Audretsch kritisierte Lindners Forderungspapier als „Nebelkerze“. „Wichtiger wäre es, dass sich der Finanzminister um den Haushalt kümmert“, sagte Audretsch dem Nachrichtenportal t-online. „Die Lindner-Lücke liegt schon jetzt im zweistelligen Milliardenbereich. Nun schlägt der Finanzminister vor, die Lindner-Lücke um einen weiteren hohen Milliardenbetrag zu vergrößern.“ Das funktioniere in FDP-Beschlüssen, nicht in der Wirklichkeit. Der Haushalt sei die zentrale Aufgabe des Finanzministers. „Es wäre wichtig für das Land, dass sich der Finanzminister nun ernsthaft dieser Verantwortung stellt und konstruktive Vorschläge macht.“
Unionspolitiker forderten unterdessen Neuwahlen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte der Rheinischen Post: „Es wird Zeit, dass die Regierung endlich den Weg frei macht zu Neuwahlen. Es wäre der letzte Dienst, den sie unserem Land erweisen könnte.“ Frei bezeichnete Lindners Papier als „ultimative Scheidungsurkunde“. Nach dieser Klatsche könne Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wohl kaum zur Tagesordnung übergehen. „Wir können uns diese Wackelregierung nicht einen Tag länger leisten“,
sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. „In der kommenden Woche
wird der amerikanische Präsident gewählt, und die Ampelregierung weiß
nicht, wie es weitergeht.“
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in der Bild-Zeitung für eine vorgezogene Bundestagswahl aus. „Es ist vorbei: Das Totenglöckchen der Ampel läutet. Eine Regierung, die gegeneinander Papiere verschickt, ist handlungsunfähig und eine Blamage für unser Land.“ Sollte der Bundeskanzler nicht selbst die Kraft haben, seine Koalition zu beenden, müsse Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einschreiten.
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), der CSU-Politiker Manfred Weber, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Wir brauchen so schnell wie möglich eine handlungsfähige Bundesregierung und Neuwahlen in Deutschland.“ Der Ampelregierung werde es nicht mehr gelingen, Europa zusammenzubringen und maßgeblich zu stärken. „Ich sehe keine Führungsfähigkeit bei Kanzler Scholz mehr.“
Auch einige Koalitionsgegner innerhalb der FDP sprachen sich für Neuwahlen aus.
Die stellvertretende Parteichefin der SPD, Serpil Midyatli, hat mit Befremden auf das Grundsatzpapier von Bundesfinanzminister Christian Lindner reagiert. „Ich erkenne keine Strategie, keinen Plan bei Lindner“, sagte sie ZEIT ONLINE. „Man darf das Land nicht ständig kaputtreden.“ Grünenfraktionschefin Katharina Dröge forderte Lindner auf, sich auf sein Ministeramt zu konzentrieren.
„Die FDP verabschiedet ja jeden Monat ein Positionspapier. Kann sie machen, aber die Koalition kann sich damit nicht immer beschäftigen“, sagte Dröge dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Was wir stattdessen brauchen, ist ein Finanzminister, der seinen Job macht und die Milliardenlücke im Haushalt schließt.“