Entgegen den Plänen von
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für den Weiterbetrieb von zwei süddeutschen bis ins Frühjahr
2023 noch nicht gebilligt. Dies sagte eine Ministeriumssprecherin der
Nachrichtenagentur Reuters. Sie begründete dies mit
politischen Unstimmigkeiten. „Diese Verzögerung ist ein Problem,
wenn man will, dass Isar 2 im Jahr 2023 noch Strom produziert“,
sagte sie.
Es habe eine „klare Verständigung mit den Koalitionspartnern“ gegeben, den Entwurf „trotz unterschiedlicher Perspektiven“ an diesem Montag durchs Kabinett zu bringen, sagte sie. „Aufgrund politischer Unstimmigkeiten wurde aber von dieser Verständigung abgerückt.“
Bundesfinanzministerium: „Weitere Schritte notwendig“
Wie Reuters unter Berufung auf Koalitionskreise berichtet, geht die Verzögerung auf Einwände aus dem Bundesfinanzministerium zurück. Aus dem Ressort von Minister Christian
Lindner (FDP) hieß es demnach auf Anfrage, der Weiterbetrieb von nur zwei Atomkraftwerken sei nicht ausreichend: „Es sind weitere Schritte
notwendig, um Versorgungssicherheit zu garantieren und das
Angebot an verfügbarem Strom auszuweiten.“
Eigentlich war im Zuge des Atomausstiegs vorgesehen, dass die letzten deutschen Kernkraftwerke Ende des Jahres vom Netz gehen. Wegen der Energiekrise will Habeck zwei Atomkraftwerke für den Fall von Engpässen in der Stromversorgung bis ins Frühjahr einsatzbereit halten. Die FDP dringt dagegen auf einen Weiterbetrieb aller drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis 2024.
Diese Haltung hatte Lindner auch kurz nach der Landtagswahl in Niedersachsen bekräftigt. Der FDP gelinge es gegenwärtig nicht, für ihr klares Profil hinreichend Unterstützung zu bekommen, hatte er gesagt. Die FDP stelle sich der Herausforderung, das als richtig erkannte Profil „jetzt herauszuarbeiten und zu stärken“. Änderungen an den Grundpositionen seiner Partei lehnte Lindner ab – etwa in der Atomfrage: „Das ist nicht Politik, sondern Physik.“
„Die AKW-Betreiber brauchen Klarheit“
Der Kabinettsbeschluss zur sogenannten Einsatzreserve war bereits für den 5. Oktober erwartet worden, damals jedoch nicht erfolgt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung habe die FDP noch Klärungsbedarf gehabt. Nun wurde auch ein weiterer Termin nicht eingehalten.
Damit ist Habecks Vorhaben in Gefahr, die beiden AKW
Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg als Einsatzreserve zur Stabilisierung
des Stromnetzes länger in Betrieb zu lassen und das letzte Kraftwerk erst
Mitte April 2023 vom Netz zu nehmen. Das
dritte noch laufende AKW
Emsland in Niedersachsen will Habeck nicht in die
Reserve nehmen und wie geplant vom Netz nehmen.
Auch die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums verwies auf die Dringlichkeit: „Es müssen zeitnah die Reparaturen am Atomkraftwerk vorgenommen werden, die Atomkraftwerksbetreiber brauchen Klarheit“, sagte sie. Das Ressort setze sich weiter für Lösungen ein, „sonst steht man wegen Verzögerungen ohne Isar 2 da“.