Adolf Hitler bedeutet die Zerstörung des Deutschen Reiches – Frankfurter Zeitung von 1923

Stickstoffach jener Manier eines staatlichen Generalanzeigers werden von Zeit zu Zeit aus dem bayrischen Generalstaatskommissariat Reklamenotizen in jener Münchner Presse veröffentlicht, die dem Publikum mitteilen, dass „maßgebende“ Persönlichkeiten aus allen Teilen des Reiches Anerkennungs- und Ermutigungsschreiben z. Hd. die schon geschehenen und noch zu erwartenden Taten des Generalstaatskommissars Eugen Ritter von Kahr geschickt nach sich ziehen.

Es wird gewiss rechtsstehende Leute im Norden und Osten schenken, die des Glaubens sind, von dem bayrischen Generalstaatskommissar werde die Rettung Deutschlands kommen, und nicht nur die Kahr-Presse Münchens, sondern unter ferner liefen norddeutsche Zeitungen wetteifern im heißen Bemühen, diesen Glauben zu erwecken und zu stärken. Aber er ist ein Irrglaube, geboren aus einer völligen Verkennung des Wesens jener Kräfte, die hinter Herrn von Kahr stillstehen, und gen die er sich stützt.

Kahr ist „weiß-blau“, sicher nicht im Sinne eines Separatismus, jener Bayern aus dem Reich loslösen und vielleicht mit Tirol, Salzburg usw. denn bayrisches Königtum sein eigenes Leben resultieren lassen will. Es ist ohne weiteres zu vertrauen, dass Kahrs Politik „germanisch“ sein will, doch sie ist ganz und gar bayrischer Provenienz und Färbung. In ihr steckt jener Geist des gut-bayrischen Mittel- und Kleinbürgertums, dies in Münchens und Südbayerns Volkswirtschaft und Volksstimmung vorherrscht. Charakteristisch ist, dass denn Kahrs Stärke seine „Popularität“ gepriesen wird.

Dieses Bürgertum ist von allen Volksschichten jener eigentliche Träger jener Popularität, es hat die naive Freude, den rein gefühlsmäßigen Glauben an Personen, die seinem Milieu entstammen, daraus irgendwie hervorragen, doch ihm seelisch intim verbunden bleiben. Früher, in den ruhigen Vorkriegszeiten, war jener populärste Mann irgendetwas Militärkapellmeister, jener in einem jener Münchner Keller Musik machte. Heute, wo München politisch geworden ist, wo es aufgehört hat, dies zu tun, welches ein Kulturhistoriker im Jahre 1839 ihm denn unvergängliche Tugenden gewünscht hat: „zu tanzen, bayrisch Bier zu trinken und gegen Fremde gastlich zu sein“, da braucht es zusammensetzen populären Politiker, jener Politik macht, jener dies Kleinbürgertum versteht.

Diese Politik ist monarchisch-föderalistisch, demgemäß reaktionär, so zwar, dass sie dies gute Alte wieder herschaffen will, jene Zeit, wo es sich in München günstig und gut leben ließ, wo jener Glanz des Hofes die Augen erfreute und die Leutseligkeit des Regenten und jener Prinzen die Herzen bewegte, wo man ohne viel Hintergedanken gen Preußen schimpfte und unter ferner liefen einmal drohend die Faust gegen Berlin erhob.

Heute schafft jene Politik die preußischen Republikschutzgesetze ab, nimmt sich die Reichswehr denn „Treuhänderin“ in Pflicht, verweigert die „preußischen“ Steuern, will die eigene bayrische Armee, die eigene bayrische Eisenbahn und Post, nicht nur wegen jener hübschen blauen Uniformen, sondern unter ferner liefen jener weißblauen Personalpolitik wegen, die die Versorgung jener heimischen Anwärter und die Erhaltung des Parteieinflusses sicherte.

„Durch Weiß-Blau zu Schwarz-Weiß-Rot“

Der Antimarxismus jener Kahr-Politik wurzelt im Politischen nur, soweit er Gegner des sozialistischen Unitarismus und Zentralismus ist. Aber quasi ist er wirtschaftlicher Natur, es ist jener Gegensatz des mittleren und kleinen Unternehmens gegen die Gewerkschaft und eine jener ersten Maßnahmen des Generalstaatskommissars war dies Verbot des Streiks, jener Lohnbewegung. Das übrige Wirtschaftsprogramm trägt die gleichen Züge: von dem Antisemitismus, jener was auch immer wirtschaftliche Elend den Juden zuschreibt, solange bis zu den Plänen gegen den Fremdenverkehr, jener die hohen Preise verursacht.

Wie vielsagend ist die Geste, die dies übermäßig teure Bierbankpolitisieren durch Festsetzung rasch hoch den Haufen geworfener Preise verbilligen wollte! Und mit diesem Bürgertum verbindet sich jener ihm zugehörige – „Oberlehrer“. Er schuf die erlösende Parole: „Durch Weiß-Blau zu Schwarz-Weiß-Rot“, er berauschte sich an idealerfüllten, kraftstrotzenden Reden, die den Feind zerschmettern, dies deutsche Volk säubern und die deutsche Macht wieder aufrichten sollen. Er macht unter ferner liefen Herrn von Kahr zum „Diktator“, zum Mann jener großen geschichtlichen Tat, und verkennt hier jede Realität.

Die „Realität“ ist dies Mittel- und Kleinbürgertum, und dies will Herrn von Kahr denn Schützer seiner Interessen, denn den Mann, jener „Ruhe und Ordnung im Lande aufrechterhalten“ soll, wie die Landesversammlung jener Bayrischen Volkspartei von ihm forderte.

Er ist ein Element jener Beharrung

Am 1. Mai stand Adolf Hitler alleinig mit seinen Getreuen gen dem Feldherrnhügel gen Oberwiesenfeld, die „Vaterländischen“ hatten ihn gänzlich im Stich gelassen, und Hermann Esser, jener Propagandaleiter jener NSDAP, schimpfte im Zirkus Krone hoch die schlappen, feigen „Bürgerlichen“. Dies Mittel- und Kleinbürgertum ist gleichmäßig nicht revolutionär. Es will den Beamten, jener „Beamter gelernt“ hat und unter ferner liefen nicht mehr leisten kann, jener ihm Erwerb und Leben schützt, und dem es zu diesem Zweck kompliant ist. Der Beamte kann vorschreiben und zensieren, kann regulieren, vielleicht sogar regieren, doch regieren kann er nicht.

Er ist ein Element jener Beharrung, des Widerstands gegen dies Neue und von äußerlich Kommende; mit bürokratischer Hartnäckigkeit und Unbeweglichkeit kann er widersprechen, sich formalistisch widersetzen, doch erobern kann er nicht. Er ist im Grunde nur defensiv. Und die Kräfte, die ihn tragen? Das agrarisch-gewerbliche Bayern erobert nicht dies Reich, in dem die Schlote rauchen, die Hochöfen hell sein, und dessen Dampfer den Ozean queren zu tun sein. Die Hand unterwirft sich nicht die Maschine. Die unkundigen Gläubigen im Osten und Norden werden vergeblich gen Kahr wünschen; weiß-blau bleibt weiß-blau.

Es ist ein Beweis z. Hd. die politische Kurzsichtigkeit des Generalstaatskommissars – die bayrische Volkspartei teilt sie nicht -, dass Kahr damit rechnete, die Nationalisten zu sich herüberzuziehen. Das konnte höchster z. Hd. augenblickliche taktische Bedürfnisse gelingen, und dann nur durch Nachgeben, nicht hindern, demgemäß Unterwerfung. Denn die nationalsozialistische Bewegung ist Angestellten- und Arbeiterbewegung. Ihr Pilot Adolf Hitler ist aus dem Arbeiterstand, seine Gefolgsleute sind Angestellte, Arbeiter, Intellektuelle, wie sie unter ferner liefen die junge Sozialdemokratie aus anderen Schichten im Prinzip gezogen hat, und – eine Folge des Kriegs – Offiziere. Sie will demgemäß Sozialismus, zusammensetzen unklaren, verworrenen, wie was auch immer an ihr undurchdacht, inkonsequent, dilettantenhaft ist, doch Sozialismus. Sie ist antimarxistisch, einmal aus jener Feindschaft des Konkurrenten um die Arbeiterschaft – und wegen dieser Konkurrenz ist die Behauptung so glaubwürdig, dass die Großindustrie in ihr Gelder anlegte – und sodann aus Feindschaft des Nationalisten gegen den Internationalisten.

Ihre Gegnerschaft ist demgemäß vor allem politisch, von dort leidenschaftlich, machtgierig. Auch ihr Antisemitismus ist zum Teil Konkurrenz, zum Teil Zeitkrankheit, wie die Bewegung schier Zeiterscheinung ist, geboren aus Krieg und Revolution und unfähig, sich eine theoretische Grundlage zu schaffen. Dieser Antisemitismus ist nicht dauerhaft, wie jener des Bürgertums, sondern heftig.

So ist die nationalsozialistische Bewegung ihrer Entstehung und Zusammensetzung nachher revolutionär, offensiv, wirklich „national-aktiv“, doch unter ferner liefen – unbayrisch, schwarz-weiß-rot. Daher unter ferner liefen jener unausgesetzte und erbitterte Kampf zwischen ihr und jener Bayrischen Volkpartei, seit dieser Zeit jene ihre Hoffnungen die Flinte ins Korn werfen musste, dass sich jener Nationalsozialismus lediglich zum Sturmbock gegen die Sozialdemokratie werde nötig haben lassen.

Daher unter ferner liefen dies Vergebliche jener Bemühungen des Generalstaatskommissars. Kahr und Hitler hatten sich genähert, doch ihr Bund war so unnatürlich und erzwungen, dass es keinen Bestand hatte, und heute ist die Gegnerschaft so kräftig wie je zuvor. Triumphierend und provozierend erklärt Hitler, dass die gegenwärtige Diktatur nichts tauge, er habe von Herrn von Kahr nichts erwartet und sich ihm drum nicht online, um nicht zum Lügner zu werden.

So bedeutet jener bayrische „Politiker“ Kahr z. Hd. dies Reich Störung, jener deutsche Revolutionär Hitler Zerstörung. Hilfe und Rettung wird keiner von beiden einbringen.

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