Achim Steiner: „Es geht nicht darum, reiche Menschen zu bestrafen“

Achim Steiner ist Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Im Interview erläutert er, wie Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Energie- oder Finanzmarkt umgebaut haben und was Deutschland daraus lernen könnte.

ZEIT ONLINE: Herr Steiner, die Weltgemeinschaft driftet auseinander, ökologische Krisen spitzen sich zu und der Hunger wächst. Macht Ihnen bei so viel Krise noch irgendetwas Mut?  

Achim Steiner: Ich denke zum Beispiel an den jungen König des Himalayastaates Bhutan, einen sehr weisen Menschen. Jigme Singye Wangchuck führt sein armes Land ganz anders als andere. Er will eine moderne Wirtschaft mit der traditionellen Kultur verbinden, und die Fortschritte dabei misst er mit einem nationalen Glücksindex. Es geht ihm also nicht nur um den ökonomischen Erfolg, sondern auch um den Schutz der Natur und das Wohlbefinden der Menschen. 

ZEIT ONLINE: Bhutan ist ein sehr kleines Land und das Bruttonationalglück keine ganz neue Geschichte … 

Steiner: Und genau das macht Mut: Der Sohn setzt fort, was der Vater vor 25 Jahren begonnen hat. Es gehört Mut dazu, so ein eigenes Ziel zu verfolgen und über die gängigen ökonomischen Vorstellungen hinauszudenken.  

ZEIT ONLINE: Fällt Ihnen auch ein inspirierender Ort ein? 

Steiner: Nicht nur einer! Schauen Sie zum Beispiel nach Kenia. Das Land hat ebenfalls dem Rat internationaler Experten widerstanden, die jahrzehntelang forderten, es solle Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke bauen. Stattdessen haben die Regierungen in Nairobi konsequent auf erneuerbare Energiequellen gesetzt. Jetzt kann sich Kenia aus Geothermie, Wasserkraft, Wind- und Solaranlagen zu 90 Prozent selbst mit Strom versorgen. Faszinierend ist auch Uruguay … 

ZEIT ONLINE: Warum? 

Steiner: Dort hat die Finanzministerin eine neue Staatsanleihe auf den Markt gebracht, die die Finanzwirtschaft zunehmend auf die Klimapolitik des Landes ausrichtet. Diese Anleihe ist mit klar bezifferten Zielvorgaben daran gebunden, dass die CO₂-Emissionen sinken und weniger Wald abgeholzt wird. Je besser Uruguay seine Klimaschutzziele erreicht, desto mehr sinken die Zinssätze –anderenfalls steigen sie. Damit werden Wirtschafts- und Umweltziele miteinander verbunden.   

ZEIT ONLINE: Welcher Anleger lässt sich denn auf so eine ungewisse Öko-Perspektive ein? 

Steiner: Der Finanzmarkt ist gar nicht so zynisch, wie man manchmal annimmt. Diese Nachhaltigkeitsanleihen mit einem Volumen von 1,5 Milliarden Dollar waren bald vierfach überzeichnet. Tatsächlich suchen Investoren händeringend nach Anlagen, die nicht nur Erträge erzielen, sondern zugleich Anreize für ökologische und soziale Entwicklungen bieten.  

ZEIT ONLINE: Warum sollten Investoren daran ein Interesse haben? 

Steiner: Ein Grund ist der Druck der Kunden: Was die Bankhäuser verwalten, ist ja nicht nur ein abstrakter Finanzmarkt, es sind unsere Renten und Ersparnisse. Die Digitalisierung hat ermöglicht, dass Bürger viel besser verfolgen können, was mit ihrem Geld passiert. Sie können unter mehr Angeboten auswählen und so Nachfrage nach Nachhaltigkeit und Konkurrenz darum schaffen. Daneben bewirken neue staatliche Berichtspflichten, dass sich Unternehmen stärker für den Klimaschutz engagieren. Auch Börsen fordern die Offenlegung solcher Aktivitäten als Teil ihres Risikomanagements, damit Investoren besser einschätzen können, ob sie ihr Geld womöglich aufs Spiel setzen.  

Achim Steiner ist Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Im Interview erläutert er, wie Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Energie- oder Finanzmarkt umgebaut haben und was Deutschland daraus lernen könnte.

ZEIT ONLINE: Herr Steiner, die Weltgemeinschaft driftet auseinander, ökologische Krisen spitzen sich zu und der Hunger wächst. Macht Ihnen bei so viel Krise noch irgendetwas Mut?  

Achim Steiner: Ich denke zum Beispiel an den jungen König des Himalayastaates Bhutan, einen sehr weisen Menschen. Jigme Singye Wangchuck führt sein armes Land ganz anders als andere. Er will eine moderne Wirtschaft mit der traditionellen Kultur verbinden, und die Fortschritte dabei misst er mit einem nationalen Glücksindex. Es geht ihm also nicht nur um den ökonomischen Erfolg, sondern auch um den Schutz der Natur und das Wohlbefinden der Menschen. 

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