Der Bundestag stimmt in zweiter und dritter Lesung
über das Finanzpaket von Union und SPD
ab. Eine Mehrheit ist nicht garantiert.
Scheitert die Lockerung
der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur, dann könnten
auch die Koalitionsverhandlungen platzen.
Stimmt der Bundestag
mit Zweidrittelmehrheit zu, müsste noch der Bundesrat am Freitag den Grundgesetzänderungen zustimmen. Auch dort ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Die Finanzpläne werden von der Grünenfraktion "ganz breit getragen". Das sagte Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann vor Beginn der Abstimmung. Die Fraktionsspitze habe "riesengroße Unterstützung" für das erhalten, was sie in dem Paket habe verankern können.
Eine Abgeordnete habe angekündigt, mit Nein zu stimmen. Vier Abgeordnete seien zudem krank und könnten nicht an der Sondersitzung teilnehmen. Ansonsten gebe es "breite und große Unterstützung". Gestern hatte die Grünenabgeordnete Canan Bayram angekündigt, mit Nein zu stimmen. Auch bei Union und SPD werden Abweichler erwartet.
Vor der Sondersitzung im Bundestag hat die Linkenfraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek erneut die aus ihrer Sicht übereilte Abstimmung der Schuldenpakete kritisiert. Natürlich respektiere man die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sagte Reichinnek. Dennoch sei der zur Abstimmung gestellte Entwurf von Union und SPD, der auch mit den Grünen abgestimmt ist, zu schnell durchgewinkt worden.
Sie habe ihre Fragen dazu niemandem stellen können, die Frage nach der künftigen Konsolidierung der Finanzen sei nicht geklärt, sagte Reichinnek. Das Bundesverfassungsgericht hatte gestern Abend mehrere Eilanträge gegen die Sondersitzung abgewiesen.
Weil die Grünen sich mit Union und SPD geeinigt haben, gilt die Zustimmung des Bundestags zum Milliarden-Schuldenpaket als gesichert. Trotzdem ist es möglich, dass es Politiker geben wird, die nicht für die Grundgesetzänderungen stimmen werden.
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja hatte bereits angekündigt, nicht für die Finanzpläne zu stimmen. Diese seien „nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich“, sagte er. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, zeigte sich zuversichtlich, dass die Grundgesetzänderungen den Bundestag „mit großer Geschlossenheit“ passieren werden. Mit Abweichlern sei man im Gespräch und diskutiere die Dinge offen, sagte er.
SPD, Union und Grüne verfügen gemeinsam über 521 Sitze. Damit haben sie theoretisch 31 Stimmen mehr als für eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Wie viele Abgeordnete aus diesen Parteien neben Czaja noch gegen das Paket stimmen werden, ist unklar. Der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke sagte im ZDF, erwartet würden etwa 20 Abweichler.
Isabelle Daniel
Lob von Grünen, Kritik von der FDP
Von der Zustimmung der Grünen hängt die Mehrheit für das Schuldenpaket ab. Dafür erhielt die Partei Zugeständnisse von Union und SPD. Grünenfraktionschef Andreas Audretsch verteidigte die Pläne gegen Kritik: „Wir haben alle gesehen, dass wir investieren müssen und dafür die Schuldenbremse reformieren müssen“, sagte Audretsch im rbb24 Inforadio. „Wir brauchen Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur, in Krankenhäuser, die Bahn, Brücken – in Berlin sind 80 Prozent der Brücken nicht saniert.“
Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke bekräftigte dagegen seine Kritik an den Plänen. „Verschuldung ist etwas Riskantes, aber gleichzeitig auch etwas Bequemes. Das ist der leichtere Weg, als wenn ich mich entweder ändern muss im Sinne von Reformen oder wenn ich sogar einsparen muss“, sagte er im rbb24 Inforadio.
Isabelle Daniel
Grüne erwarten „breite und große Unterstützung“
Die Finanzpläne werden von der Grünenfraktion „ganz breit getragen“. Das sagte Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann vor Beginn der Abstimmung. Die Fraktionsspitze habe „riesengroße Unterstützung“ für das erhalten, was sie in dem Paket habe verankern können.
Eine Abgeordnete habe angekündigt, mit Nein zu stimmen. Vier Abgeordnete seien zudem krank und könnten nicht an der Sondersitzung teilnehmen. Ansonsten gebe es „breite und große Unterstützung“. Gestern hatte die Grünenabgeordnete Canan Bayram angekündigt, mit Nein zu stimmen. Auch bei Union und SPD werden Abweichler erwartet.
Sarah Kohler
Linke kritisiert Abstimmung als übereilt
Vor der Sondersitzung im Bundestag hat die Linkenfraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek erneut die aus ihrer Sicht übereilte Abstimmung der Schuldenpakete kritisiert. Natürlich respektiere man die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sagte Reichinnek. Dennoch sei der zur Abstimmung gestellte Entwurf von Union und SPD, der auch mit den Grünen abgestimmt ist, zu schnell durchgewinkt worden.
Sie habe ihre Fragen dazu niemandem stellen können, die Frage nach der künftigen Konsolidierung der Finanzen sei nicht geklärt, sagte Reichinnek. Das Bundesverfassungsgericht hatte gestern Abend mehrere Eilanträge gegen die Sondersitzung abgewiesen.
Katharina Benninghoff
Um was geht’s und was kann schiefgehen?
Das wird kein Selbstläufer heute. Eine Zweidrittelmehrheit ist im Bundestag für das Finanzpaket nötig. Kritik an dem Vorhaben gab es vor der Abstimmung reichlich. Aber wie viele Abweichler können sich Union und SPD überhaupt leisten? Welche Hürden muss das Paket dann noch nehmen? Und warum entscheidet eigentlich der alte Bundestag über das Schuldenpaket und nicht der neue?
Lesen Sie hier die Fragen und Antworten zum Milliardenpaket:
Bevor der neue Bundestag die Arbeit aufnimmt, wird der alte Bundestag heute wahrscheinlich beschließen, dass sich die Länder stärker als bisher verschulden dürfen. Dass Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse ausgenommen sind und dass für Infrastruktur in den kommenden Jahren ein Sondervermögen von schwindelerregenden 500 Milliarden Euro mit neuen Schulden aufgelegt wird. „Dass der Schrei der Empörung weitgehend ausbleibt, hat vor allem damit zu tun, dass es nicht die AfD ist, die gerade den erklärten Wählerwillen beugt“, schreibt mein Kollege Ferdinand Otto. Warum aus seiner Sicht heute ein schlechter Tag fürs Parlament ist, lesen Sie hier:
Es ist die Woche der Entscheidung für das Finanzpaket: Heute soll der noch bestehende Bundestag in alter Zusammensetzung über das Hunderte Milliarden Euro schwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur und für die dafür nötigen Grundgesetzänderungen stimmen.
Eigentlich hatten sich die mutmaßlichen künftigen Koalitionäre vergangene Woche mit den Grünen auf Änderungen geeinigt. Doch heute wird sich zeigen, ob bei der Abstimmung im Bundestag die nötige Zweidrittelmehrheit auch wirklich zustande kommt – und wie viele Abweichler die Pläne von Friedrich Merz durchkreuzen. Läuft heute alles so ab, wie Union und SPD es sich erhoffen, müsste dann noch der Bundesrat den Grundgesetzänderungen zustimmen. Aber auch dort ist eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Wir begleiten die Abstimmung im Bundestag heute mit diesem Liveblog.