17 Prozent Plus: Der Wahlgewinner an den Börsen heißt Elon Musk

Die Laune an den Börsen ist am Mittwoch nach der US-Präsidentschaftswahl ausgesprochen gut. Börsen mögen keine Unsicherheit. Deswegen wird auf der Habenseite notiert, dass das Wahlergebnis in Amerika eindeutig ist und eine wochenlange Hängepartie mit Anfechtungen dieses Mal ausbleiben dürfte. Dass die Republikaner und Donald Trump nun mit Mehrheit im Senat und Repräsentantenhaus durchregieren können, wird an den Börsen mehrheitlich ebenfalls begrüßt. Alle „Trump-Trades“ der vergangenen Wochen beschleunigten sich daher am Mittwoch lehrbuchhaft.

Da sind zunächst Aktien, die als klare Gewinner gelten. Trump steht für Deregulierung und für niedrigere Steuern. Das nutzt Unternehmen generell. Japanische Aktien waren die ersten, die im Handel reagieren konnten. Der Nikkei schloss mit einem starken Plus von 2,6 Prozent. Später folgten die europäischen Märkte. Der Dax gewann im frühen Handel satte 300 Punkte oder 1,5 Prozent, verlor dann aber zusehends an Boden. Mittags blieben mit 19.335 Punkten nur noch 0,4 Prozent Plus, am Nachmittag dreht der Dax gar ins Minus.

Während Industriewerte wie Siemens und Banken profitieren, zeigten sich die ohnehin schon gebeutelten deutschen Autoaktien als große Verlierer: Um sieben Prozent ging es für Porsche -Papiere bergab. Aber auch BMW , Volkswagen und Mercedes zeigten sich fünf bis sechs Prozent schwächer. Sie gelten als große Verlierer eines möglicherweise eskalierenden Zollstreits.

China und Deutschland als Lieblingsgegner

Gemeinsam haben sie dies mit den Chinesen: Der Hang Seng in Hongkong büßte gegen den positiven Markttrend gut 2 Prozent ein. China gilt als Trumps Lieblingsgegner, wenn es um Zölle geht, gefolgt von den Europäern und insbesondere den Deutschen mit ihren hohen Außenhandelsüberschüssen.

Noch stärker sind die Kursausschläge, die sich für den amerikanischen Aktienmarkt schon in den Futures andeuteten. Für den breit gefassten Russell 2000 stand ein Plus von 5 Prozent zu Buche. Für den Dow Jones und den S&P-500 kündigten sich neue Rekordhochs an. Als größter Gewinner stach die Gesellschaft von Trumps sozialem Netzwerk Truth Social hervor. Die entsprechende Aktie von Trump Media gewann 40 Prozent an Wert.

Unter den großen Titeln wurde Tesla im europäischen Handel 17 Prozent höher bewertet. „Der ökonomische Chefberater von Donald Trump heißt Elon Musk und hat ein wahnsinniges Interesse an dieser Wahl, weil er berechtigte Angst vor der chinesischen Konkurrenz hat, die Autos mit einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis baut als sein Unternehmen“, sagt Georg von Wallwitz, Gründer der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz, im Gespräch mit der F.A.Z. „Dass China eingehegt wird an der Stelle, ist sehr im Interesse seiner ohnehin hoch bewerteten Firma.“

Ölzulieferer profitieren

Für die exportabhängigen deutschen Autohersteller sind die angedrohten Zölle der Amerikaner wie für die gesamte Exportindustrie schlecht. „Es ist für die deutschen Hersteller aber ein nachgelagertes Problem, das sich mit Produktionsverlagerungen leichter lösen lässt, als dass sie derzeit weniger wettbewerbsfähige Produkte haben“, sagt von Wallwitz.

Reinhard Pfingsten, erfahrener Anlagestratege und seit vergangenem Jahr bei der Apobank, nennt das Tesla -Kursplus erstaunlich und verweist auf Trumps Dankesrede: „Besonders wichtig scheint ihm die Ölbranche, da er sie als einzige in seiner Rede explizit hervorgehoben hat mit der Ankündigung, das Land mit Öl und Gas fluten zu wollen.“ Ob billiges Öl für einen Elektroautohersteller eine gute Nachricht ist, gilt es in der Tat abzuwarten. Unmittelbare Gewinner sind aber vor allem die Ölservicegesellschaften, die mit der Exploration neuer Ölfelder ihr Geld verdienen wie Schlumberger oder Halliburton. Der Ölpreis selbst indes gab um gut zwei Prozent nach, ganz im Sinne Trumps, der die Wirtschaft mit billiger Energie versorgen will. Windkraftaktien wie die dänische Vestas büßten indes 9 Prozent im Kurs ein.

Pfingsten hatte mit seinem Anlagekomitee die Übergewichtung der günstiger bewerteten europäischen Aktienmärkte schon vor der Wahl auf neutral gestellt und am Mittwochmorgen eine Übergewichtung amerikanischer Aktien beschlossen. „Irgendwann werden die europäischen Aktien vielleicht so billig sein, dass sie wieder attraktiv genug sind, aber für die nächsten Monate sehen wir China und Europa als Verlierer im Zollstreit und insbesondere amerikanische Nebenwerte als Gewinner“, sagt Pfingsten. „Sie sind unterbewertet, werden von Deregulierung profitieren und sind auf den US-Markt fokussiert, der eine Lokomotive der Weltwirtschaft bleiben wird.“

Sorgen wegen Verschuldung

Der Optimismus für die Aktienmärkte ist Gegenstand der meisten Marktanalysen nach der Wahl. Wie immer sollten aber die Risiken nicht vergessen werden. „Seine erratische Art hat schon in den ersten vier Jahren seiner Präsidentschaft meist nur zu Drei-Tages-Nervosität an den Märkten geführt, bevor die Richtung klar war“, sagt Pfingsten. „Schwerer wiegt die hohe US-Verschuldung. Ein Perpetuum mobile einer immer höheren Staatsverschuldung, die immer höheren Wohlstand schafft, gibt es an den Märkten nicht.“

Schon als sich in den Wochen vor der Wahl an den Börsen die Erwartung durchsetzte, dass Trump gewinnen werde, hat sich die Rendite amerikanischer Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit von 3,6 auf knapp 4,4 Prozent erhöht. Am Mittwoch erreichte sie fast 4,5 Prozent. „Wenn wir da in Richtung 4,6 oder 4,7 Prozent hochgehen, wäre das auch ein Problem für die Aktienmärkte“, sagt von Wallwitz. „Schon jetzt sind die Zinsausgaben im US-Haushalt höher als die Verteidigungsausgaben. Die Anleihemärkte könnten die nächsten Jahre die wirksamste Institution sein, die Trumps Pläne einhegen kann, und die Märkte werden dies auch tun.“ Einen Liz-Truss-Moment mag sich derzeit zwar noch niemand vorstellen, als die Märkte die britische Premierministerin wegen ihrer expansiven Haushaltspläne nach kurzer Zeit zu Fall brachten. Doch allzu expansiv kann auch eine amerikanische Fiskalpolitik nicht ungestraft werden.

Doch bis es so weit ist, wird an den Märkten noch gefeiert werden. „Trump ist gut für alle Risiko-Assets wie Aktien, Bitcoin und Gold“, sagt von Wallwitz. Bitcoin kosteten nach einem Plus von mehr als sieben Prozent erstmals mehr als 75.000 Dollar. Gold zeigte sich erst wenig verändert, später m Minus. Verluste gab es indes für die meisten Währungen zum Dollar. Der Euro büßte zwei Prozent ein und kostete noch 1,07 Dollar. Am tiefsten ging es für den mexikanischen Nachbarn der USA bergab. Der Peso gab zum Dollar mehr als drei Prozent nach. Trump will bekanntlich mehr Fabriken im eigenen Land und nicht in China, Europa oder jenseits seiner Südgrenze in Mexiko.

Source: faz.net