Alischer Usmanow: Gericht erklärt Razzien beim „Oligarchen vom Tegernsee“ für unzulässig – WELT

Mit 60 Ermittlungsbeamten im Gefolge war die Generalstaatsanwaltschaft im vergangenen Herbst im Hafen von Bremen angerückt, um dort die 156 Meter lange Luxusjacht „Dilbar“ zu entern und zu durchsuchen. Mehr oder weniger zeitgleich drangen Beamte in Sturmhauben und mit schusssicheren Westen am Ufer des Tegernsees in zwei im traditionell bayrischen Stil erbaute Luxusvillen in Rottach-Egern ein und stellten auch diese auf den Kopf.

Die konzertierte Aktion sollte versteckte Reichtümer wie Schmuck und Kunstwerke zutage fördern und Beweise für einen Geldwäsche-Verdacht gegen einen reichen und mächtigen Mann aus dem Dunstkreis von Wladimir Putin liefern. Nun schlug dieser auf juristischem Weg zurück.

Die durchsuchten Objekte in Bayern und Bremen werden Alischer Usmanow zugerechnet, einem Oligarchen mit usbekischem und russischem Pass. Nachdem dieser aufgrund des Angriffs auf die Ukraine auf die EU-Sanktionsliste gesetzt wurde, war dessen Yacht in Hamburg festgesetzt und später nach Bremen geschleppt worden.

Die Luxusjacht Dilbar war auf Basis von EU-Sanktionen gegen Russland festgesetzt worden
Die Luxusjacht Dilbar war auf Basis von EU-Sanktionen gegen Russland festgesetzt worden
Quelle: picture alliance/dpa

Sein Anwesen am Tegernsee, in dem sich Usmanow zu Kriegsbeginn noch aufgehalten haben soll, wurde ebenfalls behördlich gesperrt – aber von Ermittlern zunächst nicht durchsucht. Erst durch den Geldwäsche-Verdacht ergab sich hierzu eine juristische Handhabe – oder zumindest vermeintlich.

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Denn der staatliche Zugriff wurde soeben gerichtlich für unzulässig erklärt, wie zwei – nach eigenen Angaben mit dem Fall betraute – Rechtsanwaltskanzleien unabhängig voneinander mitteilen.

„Das Landgericht Frankfurt am Main ist zu dem Schluss gekommen, dass die im September 2022 von der Frankfurter Staatsanwaltschaft beantragten und vom Amtsgericht Frankfurt am Main erlassenen Anordnungen zur Durchsuchung von zwei Liegenschaften in Rottach/Egern, einer Yacht in einem Hafen in Norddeutschland sowie einer Wohnung in einem Ort nahe Frankfurt am Main rechtswidrig waren“, heißt es in der Erklärung der Hamburger Kanzlei Steinhöfel, die Usmanow nach eigenen Angaben medienrechtlich vertritt.

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Alischer Usmanow
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Alischer Usmanow

Eine Erklärung ähnlichen Inhalts gab auch die Münchner Kanzler Gauweiler & Sauter ab, die von der usbekischen Botschaft mit der Wahrnehmung der Interessen des usbekischen Staatsbürgers beauftragt wurde.

Das Gericht habe mit mehreren rechtskräftigen Entscheidungen bereits am 12. Mai 2023 festgestellt, dass der gegen Usmanow ein Verdacht einer angeblichen „Geldwäsche“ selbst in Form eines Anfangsverdachts „nicht besteht, nie bestanden hat“. Die darauf gestützten Durchsuchungsmaßnahmen seien deshalb rechtswidrig gewesen, die Durchsuchungsbeschlüsse müssten nachträglich aufgehoben werden.

Die insgesamt vier Beschlüsse beziehen sich neben den beiden Villen und der Yacht auch auf die Durchsuchung einer Wohnung bei Frankfurt, die dem Sohn eines verstorbenen Freundes von Usmanow zugerechnet wurden, dem die Staatsanwaltschaft Beihilfe zur Geldwäsche vorwarf, nachdem der Milliardär ihn beim Kauf der Immobilie unterstützt haben soll. Auch diese Razzia erklärte das Gericht nach Darstellung der Rechtsanwälte für unzulässig, Usmanow habe das Geld „nachweislich ordnungsgemäß versteuert“.

Das Landgericht Frankfurt/M. bestätigte auf WELT-Anfrage am Freitag lediglich, dass es in der angefragten Strafsache eine Entscheidung der 14. Strafkammer des Landgerichts in einem Beschwerdeverfahren gebe und machte keine Angaben zu deren Inhalt. Usmanows Verteidigung begrüßte den Richterspruch.

Staatsanwaltschaft: Verfahren ist noch nicht abgeschlossen

Auch die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt/M. bestätigte die Gerichtsentscheidung, die nicht anfechtbar sei, sagte ein Sprecher. Die Strafverfolgungsbehörde erklärte zugleich, dass das Gericht nur auf Basis des Sachstands aus dem vergangenen Jahr geurteilt habe. „Wir sind heute ein bisschen weiter“, sagte der Sprecher und erklärte, dass damit nicht zwangsläufig auch der Geldwäsche-Verdacht aus der Welt sei: „Das Ermittlungsverfahren ist nicht abgeschlossen.“

Eine Verwendung möglicherweise bei den Razzien gewonnener Beweise sei durch das Urteil nicht ausgeschlossen, man sei auch nicht verpflichtet diese auszuhändigen, sagte der Sprecher. Unter den beschlagnahmten Gegenständen sollen sich einige sehr wertvolle Schmuck- und Kunstgegenstände befunden haben.

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Usmanow sieht sich offenbar nun seinerseits zu weiteren juristischen Schritten ermutigt und möchte gegen die in seinen Augen ungerechtfertigten Vorwürfe in der Öffentlichkeit vorgehen. „Das Urteil als solches, aber mehr noch der Wortlaut der ausführlichen Begründung der Frankfurter Richter sollte nicht nur der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft und den verantwortlichen Ermittlungsbehörden zu denken geben, sondern auch jenen, die zur weit über Deutschland hinaus reichenden Vorverurteilung unseres Mandanten beigetragen haben“, heißt es in der Erklärung der Kanzlei Steinhöfel.

Man werde wegen „rechtswidriger Presseveröffentlichungen“ gegenüber dem Bundeskriminalamt (BKA) Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche geltend machen und eine Richtigstellung verlangen. Auf Anfrage antwortete das BKA, es werde keine Stellungnahme abgeben.

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Source: welt.de