AfD, CDU und FDP in Thüringen: Die Brandbeschleunigungsmauer und das Kapital

The state parliament of Thuringia has lowered the real estate transfer tax from 6.5 to five percent, following a request from the CDU and with the support of the AfD and FDP, as well as a few independent members. This is intended to promote support for families.

The argument is socially demagogic. Those who have the largest financial assets for property acquisition benefit the most from the tax discount: companies for the purchase of commercial areas, real estate companies that buy entire neighborhoods and sell them speculatively, financial service providers who give them loans for it and collect interest. In the second league, wealthy middle-class individuals come into play to protect significant savings from inflation by exchanging them for so-called concrete gold. Low-income earners will not receive any benefit from the tax reduction.

Hinter den Christian-Lindner-Parolen

All of this aligns with the growth acceleration slogans of the Federal Minister of Finance Christian Lindner (FDP) and the defeat of the Green Minister for Family Affairs Lisa Paus.

So far, so stringent. The capitalist logic largely disappears behind the scandalization of the fact that the AfD, along with the FDP, has agreed to the CDU proposal. Economically and tactically, however, what has long belonged together has grown together. And before the SPD once again calls for a common disgust among the Democrats, they could also engage in a bit of contemporary historical memory.

Von Otto Graf Lambsdorff zu Friedrich Merz

Hier Nachhilfe für alle: 1982 rief der FDP-Minister Otto Graf Lambsdorff zur Demontage des Sozialstaats auf. Lindner und seine Parteifreunde in Erfurt folgen ihm heute treuer als der damals zögernde Helmut Kohl. SPD und Grüne rissen endlich die Lücken in die sozialen Sicherungssysteme, durch die anschließend Angela Merkel in aller Unschuld spazieren konnte. Die so sich ausbreitende Umverteilung von unten nach oben hob für einige Jahre die Linkspartei über die Fünf-Prozent-Grenze, bis die AfD mit dem Migrationsthema den Protest auf den rechten Weg umleiten konnte. Das kostete aber die Union Stimmen, die Friedrich Merz jetzt zurückholen will. Er ist kein Opportunist, sondern war schon immer für Leitkultur und Steuererklärungen, die auf Bierdeckel passen. Solche Treue zu sich selbst nennt man Authentizität. An taktischer Wendigkeit fehlt es ihm ebenfalls nicht, wenngleich vielleicht noch an Fortüne: Erst redete er von einer Brandmauer gegenüber der AfD, dann fand er, in Städten, Gemeinden und Landkreisen dürfe sie gern etwas löcherig sein, schließlich schuf sie durch Erfolge bei Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen Tatsachen.

Jetzt wird an das Jahr 1930 erinnert, als in Braunschweig und Thüringen rechtsbürgerliche Parteien Koalitionsregierungen mit der NSDAP bildeten. Solche Parallelen kann man ziehen, aber bitte nicht nur auf der Oberfläche. In der Weimarer Republik war eine tiefgehende sozialökonomische Zerrüttung vorangegangen, in der BRD handelt es sich um eine Erosion, aber noch keinen Zusammenbruch. Der große Unsicherheitsfaktor, der vielleicht doch (noch?) einen entscheidenden Unterschied macht, ist die Haltung des Kapitals. Anfang der 1930er Jahre setzte es auf die NSDAP, vor der AfD warnt es vorerst. Allerdings: Wer sich darauf allein verlassen wollte, hätte Grund, sich zu fürchten.

Mit Alice Weidel im Marktradikalismus vereint

Those who study the economic and social underlayers, where changes are currently taking place, will not be completely pleased with the alleged solidarity of the Democrats in combating the AfD. In some cases, it is not opposition, but rather competition on an equal basis. Merz, Lindner, and AfD frontwoman Alice Weidel are united in market radicalism. Björn Höcke can be called a fascist, yet he presents himself as a nationalist social politician: support only for fellow countrymen. When it comes to lowering property transfer tax, he may have had the few child-rich Germans in mind, whose savings might be enough to qualify for a bank loan for a home.

Symbolpolitische Maßnahmen gegen die AfD können peinlich werden und zum Gegenteil des Gewünschten führen. Ihr wird ein Vize-Posten im Bundestagspräsidium vorenthalten. Das dürfte ihr einen Bonus und Stimmen von sportlichen Leuten bringen, die mehr über Fairplay als Antifaschismus nachdenken. Das Bundesverfassungsgericht musste die anderen Parteien dazu anhalten, ihren Futterneid zu zügeln, als diese die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung von Fördermitteln fernhalten wollten. Wer den Warnungen der Konkurrenten lauscht, könnte sich an der Mitwirkung von CDU, CSU, FDP, Grünen und der Hartz IV-SPD bei der Verschärfung von Ungleichheit erinnern und der Linkspartei – zu Recht oder Unrecht – vorhalten, sie habe offenbar andere Sorgen als manche Leute, die sie einst vertrauensvoll wählten. Wenn diese Parteien die Nutznießerin ihrer Politik als eine Art NSDAP/AO (NS-Aufbauorganisation) verrufen, dürfte sich die angebliche Brandmauer vielleicht sogar als entzündlich erweisen und der historische und etwaiger künftiger tatsächlicher Faschismus verharmlost werden.

Georg Fülberth war Professor für Politikwissenschaften an der Universität Marburg. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen zählen Unter der Lupe. Analysen und Betrachtungen zum gewöhnlichen Kapitalismus und Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.