Verfassungsgericht: Finanzierung welcher Strompreisbremse war verfassungsgemäß

Die Bundesregierung durfte Ökostromerzeuger zur Finanzierung der Strompreisbremse heranziehen. Das hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am Donnerstag entschieden. Damit blieb die Verfassungsbeschwerde von 22 Ökostromerzeugern erfolglos. Der Eingriff in ihr Recht der Berufsausübung sei angesichts der besonderen Ausnahmesituation wegen der Verwerfungen auf dem Energiemarkt infolge des Ukrainekriegs gerechtfertigt, führte der Vorsitzende des Ersten Senats, Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth, aus. Die Erlösabschöpfung sei auch keine verfassungswidrige Sonderabgabe. Da die Überschusserlöse nur den Verbrauchern zugute kämen und nicht in den Bundeshaushalt flössen, habe der Gesetzgeber keine besonderen finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen beachten müssen. Der Ampelregierung bleibt damit eine Rückzahlung von rund 750 Millionen Euro an die Ökostromanbieter erspart. 

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine waren die Gas- und Strompreise in die Höhe geschossen. Im August 2022 stieg der Börsenstrompreis in Deutschland für eine Megawattstunde zwischenzeitlich auf knapp 600 Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag der durchschnittliche Großhandelspreis bei etwas mehr als 30 Euro. Um die Haushalte und Unternehmen von den hohen Energiekosten zu entlasten, hatte die Ampelregierung Ende 2022 die sogenannte Strompreisbremse eingeführt. Dadurch wurde der Strompreis für einen Großteil des Verbrauchs auf einen gesetzlich vorgegebenen Referenzpreis gedeckelt.

Nach nur sieben Monaten endete die Abschöpfung

Zur Finanzierung der Strompreisbremse wurden Erzeuger von Ökostrom mit in die Pflicht genommen, da viele während der Energiekrise sehr gute Geschäfte machten. Die Ampelregierung sah darin eine „Marktverzerrung“, die sie durch Umverteilung von „Überschusserlösen“ mindern wollte. 90 Prozent der Einnahmen, die eine bestimmte Grenze überschritten, waren an die Netzbetreiber zu zahlen, um das Geld für die staatlichen Energiepreishilfen zu verwenden.

Ursprünglich rechnete das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) mit mehr als 13 Milliarden Euro. Die tatsächlich abgeschöpften Erträge blieben dann aber mit rund 750 Millionen Euro weit dahinter zurück. Bereits Ende Juni 2023 endete die Abschöpfung – nur sieben Monate nach Einführung der Strompreisbremse. Angesichts der gesicherten Stromversorgung, aktuell sinkender Strompreise und damit ausbleibender Einnahmen aus der Abschöpfung sowie nicht auszuschließender Investitionshemmnisse sah die Ampelregierung keine Rechtfertigung mehr, die Abschöpfung zu verlängern.

Habeck damals: „nur gerecht“

Die Betreiber von Solar-, Wind- und Biomasseanlagen hatten Verfassungsbeschwerde erhoben, da sie der Ansicht waren, die Abschöpfung sei eine verfassungswidrige „parafiskalische Sonderabgabe“ gewesen, die sie in ihren Grundrechten verletzt habe. Die strengen verfassungsrechtlichen Bedingungen für Sonderabgaben seien nicht erfüllt gewesen. So müsse eine Sonderabgabe andere Zwecke erfüllen, als dem Staat nur Finanzmittel zu verschaffen. Die Abschöpfung der sogenannten Überschusserlöse habe aber lediglich dazu gedient, die Strompreisbremse mitzufinanzieren. Eine Pflicht der Ökostromerzeuger, die Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen niedrig zu halten, gebe es jedoch nicht, hatten die beschwerdeführenden Anlagenbetreiber eingewandt. Dies sei vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die deswegen aus Steuermitteln zu finanzieren sei. Dieser Auffassung sind die Karlsruher Richter jedoch nicht gefolgt.

Wirtschaftsminister Habeck hatte hingegen damals argumentiert, die Abschöpfung von Zufallsgewinnen sei „nur gerecht“. Schließlich hätten Ökostromerzeuger während der Energiekrise „wahnsinnig viel Geld verdient“. Grund dafür sind die Besonderheiten des Energiemarktes. So bestimmt sich der Strompreis nach dem sogenannten Merit-Order-Prinzip: Maßgeblich sind die Grenzkosten des teuersten Kraftwerks, das zur Deckung der aktuellen Nachfrage benötigt wird. Preisbestimmend waren damals im Wesentlichen Gaskraftwerke, deren Beschaffungskosten sich infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine erheblich erhöht hatten. Auch der Strom aus erneuerbaren Energien wurde aufgrund des besonderen Preisbildungsmechanismus zu den hohen Preisen verkauft, obwohl sich die Produktionskosten für die Ökostromanbieter nicht erhöht hatten. Sie konnten Wind und Sonne unverändert nutzen.