Polen: Polnische Regierung will Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen lockern

Die polnische Regierung will den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für Frauen erleichtern, die ihre Schwangerschaft aus gesundheitlichen Gründen beenden wollen. Knapp zwei Monate nach einer gescheiterten Abstimmung im Parlament legt die polnische Regierung neue Leitlinien zur Lockerung der strikten Einschränkungen vor. Sie forderte die Justiz des Landes auf, im Rahmen der bestehenden Rechtsprechung auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit einer Frau als ausreichenden Grund für einen Schwangerschaftsabbruch anzuerkennen.

Nach den vom Gesundheitsministerium vorgelegten Richtlinien soll eine Empfehlung vom Facharzt, etwa ein Kardiologe oder Psychiater, als Grundlage für einen legalen Abbruch in einer Klinik ausreichen. Der Arzt, der den Eingriff vornimmt, soll sich dadurch – entgegen des derzeit geltenden Rechts – nicht strafbar machen.

Ärzte wollen häufig keine Abbrüche vornehmen

Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna sagte, dass sich derzeit eine Mehrheit der Ärzte und Krankenhäuser nicht an Regelungen hielten, die einen frühen Abbruch auf Grundlage einer medizinischen Empfehlung erlaubten. Stattdessen würden oft andere Meinungen eingeholt, während die Zeit ablaufe.

Nach derzeitiger Rechtslage sind Abtreibungen in Polen nur erlaubt, wenn die Schwangerschaft die Folge von Verbrechen wie Vergewaltigung oder Inzest oder die Gesundheit oder das Leben der Frau gefährdet ist. In allen anderen Fällen drohen Ärzten oder Personen, die bei der Durchführung einer Abtreibung helfen, bis zu drei Jahre Haft. Die Frau wird nicht bestraft.

Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsrechte in Europa. 2020 kippte ein von der damaligen rechten Regierungspartei PiS kontrolliertes Gericht eine Regelung, die einen Schwangerschaftsabbruch wegen gravierender irreparabler Schäden am Fötus erlaubte. Diese Entscheidung führte zu landesweiten Protesten.

Keine Parlamentsmehrheit

Polnische Frauenrechtsgruppen beklagen eine abschreckende Wirkung des gesetzlichen Verbots der Beihilfe zu Schwangerschaftsabbrüchen. Sie erklärten, Ärzte hätten Angst, Eingriffe vorzunehmen, selbst wenn es dafür rechtliche Gründe gebe. Die aktuelle Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk versprach, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu erlauben. Ein entsprechender Gesetzesentwurf fand im Parlament jedoch nicht die nötige Mehrheit.

Vergangene Woche hatte Tusk eingeräumt, dass es „einfach keine Mehrheit“ gebe, um das Wahlversprechen seiner Partei bezüglich der Schwangerschaftsabbrüche einzulösen. „Machen wir uns nichts vor: Es wird in diesem Parlament bis zur nächsten Wahl keine Mehrheit für einen legalen Schwangerschaftsabbruch im vollen Sinne des Wortes geben“, sagte er. Daher prüfe die Regierung andere Wege, um den Zugang zu Abtreibungen zu erleichtern. „Wenn wir die Türen im Parlament nicht weit öffnen können, öffnen wir eben kleine Tore“, sagte Tusk.