Kinder- und Jugendliteratur: Diese Bücher sollten Kinder Vorlesung halten
Sag mir, welches soll es bedeuten
Es ist doch recht gewagt, pro verdongeln Literaturpreis ein Wörterbuch vorzuschlagen, nunmehr Kirschen fürs Kamel ist nun mal ein besonderes. Susanna und Johannes Rieder nach sich ziehen 24 Begriffe des Zusammenlebens ausgesucht und von dieser Illustratorin Arinda Crăciun veranschaulichen lassen – ein bewährtes Team, dasjenige schon verbinden die Bilderbuchgrammatik Hunde im Futur konzipiert hat. Im neuen Buch geht es nun nicht um eine Einführung in die deutsche Grammatik, sondern um dasjenige Erklären ausgesuchter Begriffe: Geduld, Verzeihen und Versöhnen, Empathie, Zivilcourage und Respekt. Wörterbuchuntypisch nicht alphabetisch planmäßig, aufwärts die Gastfreundschaft folgt zum Beispiel die Würde. Zum Besten von jeden Begriff wurde eine Doppelseite ganz unterschiedlich gestaltet: Zur Solidarität gibt es nur kleine Textbausteine, mal vertikal, mal waagrecht um ein Tetris-Spiel verteilt. „Solidarität kann nur in einer Gruppe entstehen“, heißt es da. Und: „Man kann sich auch mit einer Gruppe solidarisieren.“ Die Gastfreundschaft wird mit einem Ovid-Text bestückt. Wahllos sei die Auswahl dieser Begriffe, kritisierten meine Mitjuroren – warum dasjenige Tabu, nicht nunmehr die Toleranz? Vor allem nunmehr würden die Begriffe nicht gut erklärt. Schade, lädt doch schon dieser Titel Kirschen fürs Kamel zum ungezwungenen Entdecken ein. Ich lasse mich gerne verdutzen. Besonders gelungen ist dasjenige Zusammenspiel von Text und Bild: Zum Privileg sieht man eine Fahrradstrecke in den Bergen, während es im Text heißt, dass privilegierte Menschen weniger Hindernisse fertigmachen sollen. Natürlich kann man darüber streiten, warum unbedingt sie 24 Begriffe des Zusammenlebens ausgesucht wurden. Andererseits: warum nicht? Unser Zusammenleben ist so gefärbt und erstaunlich wie dieses Buch.
Ziphora Robina
Susanna & Johannes Rieder/ Arinda Crăciun (Ill.): Kirschen fürs Kamel. Susanna Rieder Verlag 2023; 56 Sulfur., 26,– €; ab 10 Jahren
Mach die Flatter!
Zum Besten von sie Vögel kann man sich nur begeistern, dachte ich. Und sogar wenn man via Geschmack und Ästhetik diskutieren darf, wird wohl niemand verweigern, dass es sich im Zusammenhang Vogel ist tot um Kunst handelt. Durch die Collagen dieser niederländischen Mixed-Media-Künstlerin Herma Starreveld sind die trauernden Vögel mit ihrem farbenfrohen Federkleid echte Hingucker, die sie vor dieser so gut wie prosaischen Landschaft in tristen Tönen perfekt in Szene setzt. Besonders sind sie Tiere, trampeln und stillstehen immerzu herum; kein einziges Flattern oder Fliegen im gesamten Buch. Dafür ein toter Vogel, dieser gleich zu Beginn dieser Geschichte entdeckt wird. „Vogel, es gefällt mir überhaupt nicht, dass du so still bist. Ich glaube, ich muss weinen“, sagt ein Vogel. „Ich bin auch traurig. Kann ich mitweinen?“, fragt ein anderer. „Klar, zusammen weinen ist sowieso besser“, erwidert dieser erste. „Ich fand ihn bescheuert“, gesteht ein dritter Vogel. Was sagt man, wenn Leckermaul gestorben ist, und welches nicht? Muss man weinen? Darf man im Zusammenhang dieser Beerdigung ein Lied singen? Es ist herrlich grotesk und rührend zusammen, wie unbeholfen und staksig die bunte Vogelschar sich von ihrem toten Kollegen verabschiedet. Neben den Streitigkeiten nach sich ziehen sogar die Grabreden ihre heiter-melancholischen Momente. Mich hat die Ehrlichkeit dieser trauernden Vogelgemeinde, von dieser Beerdigung solange bis zum Leichenschmaus, sehr berührt. Und beeindruckt, wie Tiny Fisscher mit genauso einfachen wie wenigen Worten die Fragen und Gedanken dieser Vögel aufwärts den Punkt bringt. Komik und Gänsehaut pur – nur leider nicht pro meine Jury-Kollegen. Es fielen Worte wie „furchtbar illustriert“ und „langatmig und redundant“. Mach’s gut, Vogel, dachte ich mir. Immerhin sah ich später, ein Vorleger Trost, dass andere Kritiker meine Einschätzung teilten.
Jörg Bernardy
Tiny Fisscher/Herma Starreveld (Ill.): Vogel ist tot. Jacoby & Stuart 2023; 32 Sulfur., 16,– €; ab 4 Jahren
Unverständlicher Nonsens
Gedichte? Oje! Die eine denkt an plumpe Reime und qualvolles Auswendiglernen, ein anderer an bedeutungsschwere Zeilen in altbackener Sprache, an deren Interpretation man scheiterte. Schade, denn mit Gedichten könnten Kinder sogar erleben, wie man mit Wörtern spielt, dass Sprache verdongeln Rhythmus hat und Poesie leichtgewichtig, lustig und manchmal sogar Nonsens sein darf. Aus diesem Geist hervor hat dieser Autor, Interpreter und Reimmeister Uwe-Michael Gutzschhahn dasjenige Mutti Volksgedicht Dunkel war’s, dieser Mond schien helle zu einem XXL-Buchformat festwachsen lassen. Die Historie dieser berühmten Verse ist unbekannt: Man weiß weder, von zu welchem Zeitpunkt, noch von wem sie sind. Seit mindestens hundert Jahren nunmehr hat dasjenige Spiel mit den Paradoxien („als ein Wagen blitzeschnelle / langsam um die Ecke fuhr“) die Menschen zum Weiterdichten animiert. Das tut sogar Gutzschhahn – verbinden mit Kolleginnen und Kollegen, darunter Paul Maar, Susan Kreller, Nils Mohl sowie eine Schülerin. Ein Drittel dieser 34 Strophen ist überliefert, zwei Drittel sind pro dieses Buch entstanden; welche Verse antik, welche neu sind, erfährt man nicht und sogar nicht, welches Paul Maar und welches die zwölfjährige Laura gereimt hat. Ein tolles Konzept, ein schön verspieltes Buch, dachte ich. Der Rest dieser Jury nicht. Jenseits Humor kann man doch streiten: „Drinnen unter freiem Himmel / schlendern zwei in schnellem Lauf / schnurgerade Serpentinen / talwärts auf den Gipfel rauf“, amüsiert die verdongeln, andere nicht. Und ob die Bilder von Jens Rassmus nun ingeniös oder verstörend finster sind, entscheidet dieser einzelne Betrachtende. Das Argument nunmehr, die Quatschverse seien unverständlich, ist selbst herrlicher Nonsens. Vielleicht finden meine Kollegen ja doch noch verdongeln Zugang, wenn wir eine LUCHS-Jury-Strophe reimen? Ihnen rate ich derweil zu diesem Buch!
Katrin Hörnlein
U.-M. Gutzschhahn (Hrsg.)/J. Rassmus (Ill.): Dunkel war’s … Aladin Verlag 2023; 40 Sulfur., 16,– €; ab 4 Jahren
Farbe verzweifelt gesucht
Torben Kuhlmann ist ein fantastischer Kinderbuchzeichner. Wobei, Jugendliche und Erwachsene können sich ebenso von seinen aufwendigen, detailreichen und immer stimmungsvollen Bildern in andere Welten verschleppen lassen. Meisterlich hat er dasjenige in seinen inzwischen vier „Mäuseabenteuern“ bewiesen, in denen er, mal mehr, mal weniger historisch triftig, Pioniere dieser Fliegerei, dieser Raumfahrt und dieser Physik mit den kleinen Nagetieren qua Helden inszenierte. Das neueste Werk, Die graue Stadt, ist ein Solitär – und ein perfekter LUCHS-Kandidat, fand ich. Zur Handlung: Robin, ein vielleicht zehnjähriges Mädchen, lebt in einer großen Stadt, in dieser die Gesamtheit mausgrau ist. Diese Nichtfarbe steht pro „Anpassung, Unterordnung, Disziplin“. Das Grau beherrscht dasjenige Leben dieser Menschen, wird gesteuert durch die obskure Organisation „Grauwerke“. Robin, die ohne Rest durch zwei teilbar erst hergezogen ist und mit ihrem gelben Regenmantel heraussticht, sehnt sich nachher Farben. Nachdem sie im Kunstunterricht ein Bild mit ihren Buntstiften gemalt hat, muss sie nachsitzen und lernt verdongeln Jungen Kontakt haben, dieser die Ordnung ebenfalls durch auffälliges Verhalten instabil hat. Ein Regenbogen führt dasjenige Mädchen schließlich zu einer verstaubten Bibliothek, in dieser es dasjenige Geheimnis lüftet: Das Grau dieser Stadt wird von den Grauwerken aus den Grundfarben zusammengemischt. Ändert man die Mischungsverhältnisse, wird die Welt wieder gefärbt. Die graue Stadt ist somit sogar eine augenzwinkernde Referenz aufwärts dasjenige Wirken des Autors und Illustrators Kuhlmann selbst. Ohne Frage habe dieser wieder beeindruckende Bilder geschaffen, fand die Mehrheit dieser Jury. Nur könne Kuhlmanns Erzählkunst leider im Zusammenhang Weitem nicht nachkommen. Nicht mal pro eine Empfehlung sei dasjenige Buch gut genug. Schade, dann kommt die Empfehlung grade von mir ausschließlich – und aus voller Überzeugung.
Benno Hennig von Lange
Torben Kuhlmann: Die graue Stadt. NordSüd Verlag 2023; 64 Sulfur., 20,– €; ab 6 Jahren
Es ist doch recht gewagt, pro verdongeln Literaturpreis ein Wörterbuch vorzuschlagen, nunmehr Kirschen fürs Kamel ist nun mal ein besonderes. Susanna und Johannes Rieder nach sich ziehen 24 Begriffe des Zusammenlebens ausgesucht und von dieser Illustratorin Arinda Crăciun veranschaulichen lassen – ein bewährtes Team, dasjenige schon verbinden die Bilderbuchgrammatik Hunde im Futur konzipiert hat. Im neuen Buch geht es nun nicht um eine Einführung in die deutsche Grammatik, sondern um dasjenige Erklären ausgesuchter Begriffe: Geduld, Verzeihen und Versöhnen, Empathie, Zivilcourage und Respekt. Wörterbuchuntypisch nicht alphabetisch planmäßig, aufwärts die Gastfreundschaft folgt zum Beispiel die Würde. Zum Besten von jeden Begriff wurde eine Doppelseite ganz unterschiedlich gestaltet: Zur Solidarität gibt es nur kleine Textbausteine, mal vertikal, mal waagrecht um ein Tetris-Spiel verteilt. „Solidarität kann nur in einer Gruppe entstehen“, heißt es da. Und: „Man kann sich auch mit einer Gruppe solidarisieren.“ Die Gastfreundschaft wird mit einem Ovid-Text bestückt. Wahllos sei die Auswahl dieser Begriffe, kritisierten meine Mitjuroren – warum dasjenige Tabu, nicht nunmehr die Toleranz? Vor allem nunmehr würden die Begriffe nicht gut erklärt. Schade, lädt doch schon dieser Titel Kirschen fürs Kamel zum ungezwungenen Entdecken ein. Ich lasse mich gerne verdutzen. Besonders gelungen ist dasjenige Zusammenspiel von Text und Bild: Zum Privileg sieht man eine Fahrradstrecke in den Bergen, während es im Text heißt, dass privilegierte Menschen weniger Hindernisse fertigmachen sollen. Natürlich kann man darüber streiten, warum unbedingt sie 24 Begriffe des Zusammenlebens ausgesucht wurden. Andererseits: warum nicht? Unser Zusammenleben ist so gefärbt und erstaunlich wie dieses Buch.
Ziphora Robina