24 Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen lehnen EU-Asylreform ab

Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos 2021
Foto: Socrates Baltagiannis / dpa
Die geplante Asyl-Reform in der Europäischen Union führt zu Widerstand in der Ampel. In einem Papier äußern 24 Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen sowie mehrere Landtagsabgeordnete der beiden Parteien Kritik an dem von der Bundesregierung unterstützten Vorhaben . »Wir teilen die Sorge vieler Menschen, dass die Vorschläge für ein neues Gemeinsames Europäisches Asylsystem das Recht auf Asyl abschwächen könnten«, heißt es in dem Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt.
Einer der Kritikpunkte: Die künftig vorgesehenen Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen, die für Menschen gelten sollen, die aus Staaten mit geringer Asylanerkennungsquote kommen. »Wir sehen die flächendeckende Einführung von Grenzverfahren kritisch, da sie haftähnliche Zustände befördern«, heißt es in dem Papier dazu.
Die Abgeordneten befürchten zudem, dass mit der Reform das Konzept der »sicheren Drittstaaten« ausgeweitet wird – was dazu führen könnte, dass Schutzsuchende, die über solche Staaten in die EU fliehen wollen, pauschal abgewiesen würden: »Nicht mehr der Fluchtgrund, sondern nur noch der Reiseweg entscheiden über den Ausgang des Verfahrens.«
Ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) könne zudem nur »mit einer guten und verbindlichen Verteilung« funktionieren. Eine hohe Zahl von Geflüchteten könne »einzelne Staaten an die Aufnahmegrenzen bringen – nicht aber einen ganzen Kontinent«, heißt es in dem Schreiben. Deshalb müssten sich »möglichst viele Staaten an einem verbindlichen europäischen Verteilsystem beteiligen«. Das lehnen jedoch insbesondere Staaten wie Ungarn und Polen ab.
Zu den Unterzeichnern des Schreibens gehören unter anderem die Bundestagsabgeordneten Hakan Demir, Carmen Wegge, Ye-One Rhie und Sebastian Roloff von der SPD sowie Kassem Taher Saleh, Canan Bayram, Awet Tesfaiesus und Lisa Badum von den Grünen.
Die Initiative für das Papier geht von der parteiübergreifenden Organisation »Brand New Bundestag« aus, die sich nach eigenen Angaben für eine »progressive, zukunftsorientierte Politik einsetzt«.
»Deutschland muss die von vielen EU-Staaten angestrebte Aufweichung des Asylrechts verhindern«, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir. »Das reguläre Asylverfahren muss der Normalfall bleiben – mit einer fairen und ausgewogenen europäischen Verteilung.«
»Für mich sind viele Fragen offen«, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh. »Unterm Strich muss es eine tatsächliche Verbesserung zur bestehenden Rechtslage geben, sonst ist die Änderung für mich nicht zustimmungsfähig.«
»Die geplanten Verschärfungen des Asylrechts auf europäischer Ebene sind nicht akzeptabel«, sagte Sebastian Roloff, Chef der linken Gruppierung DL21 in der SPD-Fraktion. Die Idee der »Auffanglager« an den EU-Außengrenzen habe einst Horst Seehofer (CSU) als Bundesinnenminister vorangetrieben. »Eine sozialdemokratische Innenministerin darf Seehofers Plan für Auffanglager doch nicht unterstützen«, findet Roloff.
Entscheidung am Donnerstag?
Zuvor hatten sich bereits rund 730 Mitglieder der Grünen in einem Schreiben gegen die Reform gewendet. Darin wirft die Basis ihrer eigenen Führung vor, mit der grundsätzlichen Zustimmung zu den Vorschlägen der EU-Kommission für eine Asylreform von den Grundsätzen der Partei abzurücken.
Am Donnerstag kommen in Luxemburg die EU-Innenministerinnen und -minister zusammen, um über die geplante Asylreform zu beraten. Es geht unter anderem um die Frage, ob ein Teil der Verfahren schon an den EU-Außengrenzen abgewickelt werden soll. Die Bundesregierung hat dem grundsätzlich zugestimmt, will aber verhindern, dass Minderjährige und Familien mit Kindern diese Schnellverfahren durchlaufen müssen.
Ob es bei dem Treffen tatsächlich zu einer Einigung kommt, ist jedoch unklar. Es könnte klappen, sie könne dies jedoch »nicht garantieren«, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag. Dem Vernehmen nach könnte die Entscheidung auch auf eine Sondersitzung in zwei Wochen vertagt werden.